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- Convenor:
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Hans Peter Hahn
(Goethe University Frankfurt)
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- Format:
- Roundtable
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- Working groups:
- Material Culture
Short Abstract:
Was ist der Status von Kulturerbeobjekten? Sollten diese Dinge stets in Gemeinschaftsbesitz sein, oder sind auch Modelle vorstellbar, in deren Kulturerbe als Privatbesitz verwaltet und zugänglich gemacht wird. Der Workshop wird unterschiedliche Modelle Im globalen Maßstab präsentieren.
Long Abstract:
Restitution ethnologischer Objekte ist weit mehr als die Zurückführung und Repatriierung von Objekten des Kulturerbens in den Globalen Süden. Im Rahmen der von Igor Kopytoff (1986) überzeugend geschilderten Pendelbewegung zwischen individuellem Besitz und Gemeingut durchlaufen diese Gegenstände damit auch mehrfach einen Statuswandel. Was ist der richtige Status eines Kulturerbeobjektes? Sollte es Gemeingut sein oder können Schutz und Bewahrung gleichermaßen erfolgen, wenn es sich im Privatbesitz, zum Beispiel eines Fürsten in Europa oder eines Würdenträgers in Afrika befindet?
Konstitutiver Bestandteil der Idee des modernen Museums ist die Überführung der wertvollsten Kulturgüter aus dem Privatbesitz der Feudalherren in ein Gemeingut. Sammlungen und Museen gehören den Bürgern der Stadt, der Region oder der Nation. Das Ideal von Kulturobjekten als Gemeingütern hat sich aber in der Geschichte der Museen nicht immer durchhalten lassen, da vielfach private Leihgaben in die Ausstellungen integriert wurden. Die Restitution hat – wie jüngste Erfahrungen gezeigt haben – zum Teil den Übergang von einem Gemeingut zu einem Privatbesitz zur Folge. Vermutlich gibt es keine universale Regel dafür, welchen Besitzstatus Kulturerbe Objekte in verschiedenen Kulturen haben oder auch haben sollten. Auch die Beispiele des UNESCO Weltkulturerbes zeigen, wie unterschiedlich Besitzverhältnisse bei solchen Monumenten und Objekten sein können. Eingeladen sind Beiträge, die den Besitz Status von Kulturerbobjekten in verschiedenen Kulturen reflektieren. Dabei sind ausdrücklich sowohl die europäische Idee des Kulturerbes als Gemeingut wie auch außereuropäische Konzepte von Besitz von Bedeutung.
Accepted contributions:
Session 1Contribution short abstract:
Der geplante Vortrag beschäftigt sich mit verschiedenen Formen der museumsinternen Wert- und Eigentumsvorstellungen, die anhand der Geschichte der ethnographischen Sammlung des Badischen Landesmuseums Karlsruhe nachgezeichnet werden.
Contribution long abstract:
Die idealisierte Vorstellung eines Museums sieht diese Institution als zeitlose Räumlichkeiten, in der die eingegebenen Dinge aus dem Warenkreislauf und somit in Teilen auch aus der Vergänglichkeit der Welt herausgezogen werden. Weitere Metaphern, die Museen mit Schatzhäusern vergleichen, unterstreichen weitere Aspekte dieses Klischees. Demgegenüber steht die museumsinterne Arbeitswirklichkeit, in der sich die Dingkonvolute wesentlich mobiler geben.
Diese Mobilität ist auch durch die mit den Sammlungen verbundenen Wert- und Besitzvorstellungen verbunden und umfassen umfasst nicht nur die Umräumung der Dinge zwischen Depot und Ausstellungsräumlichkeiten oder die Ausleihe an andere Häuser, sondern auch das Vergessen von Dingen, dem Verlust von Informationen und dem Vergehen von Materialität. Weiterhin sind die Dinge in Verbindung mit unterschiedlichen Arbeitspraktiken auch unterschiedlichen Formen und Wert- sowie Besitzvorstellungen unterworfen.
Diese Phänomene finden sich beispielhaft in der ethnographischen Sammlung des Badischen Landesmuseums in Karlsruhe. Anhand ihrer Geschichte, begonnen 1875 als Teil des großherzoglichen Besitzes wandelte es sich im Laufe der Jahre hin zu einer Landesinstitution, erst der Republik Baden, heute dem Land Baden-Württemberg. Diese Änderungen hatten auch immer verschiedenartige Auswirkungen auf die Sammlung und damit verbundene Wert- sowie Besitzvorstellungen.
Der geplante Vortrag beschreibt diese Phänomene anhand der Geschichte der ethnographischen Sammlung des Badischen Landesmuseums in Karlsruhe. Basierend auf dieser Schablone werden schlaglichtartig Fragen von Zugehörigkeit, Wert und Besitzfragen beleuchtet und andiskutiert.
Contribution short abstract:
The broad categorization of American collections under an alleged “colonial context,” as presented on Germany’s Portal for Collections from Colonial Contexts" by the German Digital Library, is critically examined. Proposals for differentiations are outlined in consultation with local stakeholders.
Contribution long abstract:
In the lead-up to the controversial opening of the Humboldt Forum Berlin, the scrutiny of collections in Germany originating from its former colonies in Africa and the South Pacific has become a focal point of public discourse. Funding has been allocated, restitutions facilitated, new institutional structures established. The German Digital Library launched “Germany’s Portal for Collections from Colonial Contexts,” which indiscriminately includes online collections from the Americas housed in German museums. However, the platform is plagued by incomplete and inaccurate data—both substantively and technically—and reflects Eurocentric structures and categories. However, the portal claims:
“The portal is intended primarily for people and organisations from the states and communities from which the collection items originated, for representatives of diaspora communities and for civil society actors.”
Consultations with representatives of these communities reveal that the platform is largely unusable for their purposes. This presentation raises critical questions:
• Who defines and determines which collections from the Americas fall under a “colonial context”?
• Are the intended communities aware of and involved in these efforts?
• Why are findings from provenance research neither integrated nor updated?
• Most importantly, what are the expectations of Indigenous societies for such platforms?
Using specific examples, this talk critically examines the sweeping inclusion of American collections under the “colonial context” framework, modeled after African collections. It outlines the need for nuanced differentiation. Finally, it challenges the role and legitimacy of Latin American state authorities in restitution claims, considering their treatment of Indigenous communities from which these collections originated.
Contribution short abstract:
Der Vortrag beschäftigt sich mit den Herausforderungen, vor denen US-amerikanische Museen und ihre indianischen Partner stehen, wenn sie über die Rechte an Objekten verhandeln. Dabei spielen emotionale Aspekte ebenso eine Rolle wie verschiedene Rechtsebenen.
Contribution long abstract:
Ausgehend von US-amerikanischen Museen beschäftigt sich der Vortrag mit Fragen nach dem Besitz von Sammlungen und Objekten in der Zusammenarbeit mit indianischen Partnern anhand von Beispielen.
So werden seit den durch NAGPRA erzwungenen Veränderungen indianische Personen und Gruppen in amerikanischen Museen als Teil einer Öffentlichkeit angesehen, der die Sammlungen zugänglich gemacht werden muss. Diese Öffentlichkeit sieht Museen nicht als etwas ausschließlich Negatives an, sondern befindet sich oft in einem Spagat der Begeisterung, alte Objekte zu sehen, und dem Gefühl diese als ‚belongings‘ – Objekte, die zwar rechtlich nicht Eigentum einer Familie oder Gruppe sind, aber doch zu ihr gehören – wahrzunehmen.
Das wachsende Verständnis für derartige Aspekte führte in den Museen auch immer mehr dazu, dass indianische Partner helfen, Entscheidungen über den öffentlichen Umgang mit Sammlungsobjekten zu treffen – auch wenn keine Rückforderungen gestellt werden können. Dies hat damit zu tun, dass die Museen den indianischen Vertretern das Recht zugestehen, über ihre Objekte auch wegen des damit verbundenen Wissens mitzuentscheiden.
Komplex kann die Situation bei Repatriierungsverhandlungen sein. Manchmal bleiben restituierte Objekte von der Öffentlichkeit verborgen in nicht-indianischen Museen, wenn ein Stamm sie selbst nicht unterbringen kann. Auch wenn keine Lösung für den Besitz von Objekten gefunden werden kann, obwohl Einigkeit über die Restitution besteht, können sie weiter in öffentlichen Museen liegen, wenn die offiziellen, indianischen Verhandlungspartner vor der Herausforderung stehen, ‚traditionell‘ selbst keine Rechte an den Objekten und dem damit verbundenen Wissen zu haben – und haben zu dürfen – und sich ebenfalls die Frage nach Gemeingut und Privatbesitz stellt.
Contribution short abstract:
Koloniale Artefakte gelten als wichtige kulturelle Symbole, stoßen jedoch im lokalen Kontext oft auf widersprüchliche Sichtweisen. Aufgrund dynamischer Wandelprozesse, die den Status dieser Artefakte prägen, erfordert Restitution Ansätze, die gegenwärtige lokale Realitäten berücksichtigen.
Contribution long abstract:
Während objektepistemologische Fragestellungen bedeutende koloniale Artefakte als gewichtige Argumente zur Wiederherstellung kultureller Identität und empirischen Zugang zum Verstehen sozialer Zusammenhänge aufgreifen, zeigen Gespräche mit den lokalen Communities auch widersprüchliche Wahrnehmungsweisen auf, die Raum für abweichende Narrative eröffnen. Im Mittelpunkt steht nämlich der Status, den diese Artefakte seit ihrer Abwesenheit nun in ihren jeweiligen lokalen Kontexten erhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sowohl das Materielle im musealen Kontext als auch die Herkunftsgesellschaften über Jahre hinweg in voneinander unabhängige und prägende Wandelprozesse eingebunden waren. Ihre reibungslose Wiedervereinigung durch eine einfache Repatriierung erscheint daher als eine verzerrende Handlungsweise, die den komplexen Entwicklungen nicht gerecht wird. Von zentraler Bedeutung sind bei den heutigen Wahrnehmungen des Materiellen insbesondere religiöse Einflüsse. So stoßen einige Artefakte auf Abneigung und werden sogar als Rückversetzung in eine Epoche betrachtet, die aufgrund moderner Einstellungen als überholt gilt und deshalb nicht mehr mit heutigen Realitäten vereinbar ist. Wie lässt sich der Status solcher Artefakte heute definieren? Sind die ablehnenden Einstellungen gegenüber Artefakten als Ausdruck kolonialer epistemischer Gewalt zu verstehen? Und wie kann eine zweckdienliche Restitution aussehen, die diese Komplexitäten in Austausch mit den lokalen Communities berücksichtigt? Ausgehend von Erfahrungen aus einem dreimonatigen Forschungsaufenthalt im Norden Togos sollen diese Fragen angegangen werden.
Contribution short abstract:
The contribution reflects on collaborative provenance research projects on ethnographic collections from Tanzania in German museums and universities. It traces how cultural belongings are remobilized through the negotiation of value attributions, ownership issues and knowledge exchange modalities.
Contribution long abstract:
For a couple of years, fahari yetu Tanzania serves as a Tanzanian partner in different collaborative provenance research projects on ethnographic collections of colonial origin in German museums and universities such as the Museum Witzenhausen, the Lower Saxony State Museum Hannover, and the Universities of Göttingen and Marburg. As the NGO’s managing director I am personally engaged in collection and archive research in the German depots as well as in ethnographic field research in possible Tanzanian communities of origin. In the field research we show community members pictures of the belongings to learn about their meanings, uses, and memories of historical events associated with them, and compare them to similar objects that are still available and in use. Most of our work resonates around the three cornerstones: Attributions and accumulation of value between origin and diaspora contexts; issues of common ownership and individual claims between local communities, government authorities and the institutions holding the collections; and modalities of collaboration between institutional and individual stakeholders in provenance research and the possible return to the communities of origin. My contribution investigates our work between these cornerstones as a process of shared knowledge production and transfer, a process of remobilizing ethnographic objects for the purpose of developing sustainable and mutually beneficial collection economies.
Contribution short abstract:
Am Beispiel von Objekten aus dem Ethnologischen Museum Berlin diskutiert der Beitrag die Problematiken von Restitutionen nach Tansania, die sich aus unterschiedlichen Auffassungen staatlicher Akteure und Herkunftsgesellschaften über den Besitz- und ontologischen Status von Objekten ergeben.
Contribution long abstract:
Deutsche staatliche Akteure wie die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, zu der das Ethnologische Museum Berlin gehört, sind gehalten, Restitutionen ausschließlich mit nationalstaatlichen Akteuren in Afrika zu verhandeln, in Tansania etwa mit dem Ministry of Natural Resources and Tourism, dem das mobile und immobile Kulturerbe des Staates rechtlich untersteht. Aus nationalstaatlicher Perspektive gehören alle im Ausland befindlichen Kulturgüter aus Tansania dem Staat. Zudem dürfen aus Sicht der tansanischen Politik einzelne ethnische Gruppen durch Restitutionen nicht gegenüber anderen bevorzugt werden. Im Widerspruch dazu stehen die Positionen von Vertreter*innen der Herkunftsgesellschaften, die im Beitrag am Beispiel verschiedener Objekte und Objektgruppen aus der Sammlung des Ethnologischen Museums und der neuen Tansania-Ausstellung im Humboldt Forum diskutiert werden. Allgemein sehen deren Vertreter*innen die Herkunftsgesellschaften als rechtmäßige Besitzer*innen der Objekte. Allerdings gibt es in den verschiedenen Communities – wie sie in Tansania meist genannt werden – unterschiedliche Vorstellungen über den Besitz- und den ontologischen Status der Objekte: Diese reichen von der Auffassung von unveräußerlichen "cultural belongings", die Teil des individuellen und sozialen Körpers sind, bis hin zu Besitzansprüchen durch Lineages von Chiefs. In diesen Fällen wird jedoch eine öffentliche Präsentation teils ausgeschlossen, teils als politische und ökonomische Ressource befürwortet – wobei innerhalb einer Community nicht immer Einigkeit über die Zugänglichkeit von Objekten und Informationen darüber besteht. Auf dieser Grundlage diskutiert der Beitrag die Möglichkeiten von Museen des globalen Nordens, in Kooperationen mit dem Nationalmuseum Tansanias und den Communities zwischen diesen unterschiedlichen Auffassungen zu navigieren, und stellt die Frage, wie unter diesen Bedingungen eine Restitution der Objekte erfolgen kann.
Contribution short abstract:
Aus einfachen Dingen können Waren, Kunst oder Kulturerbe werden. Doch wie lassen sich Vorstellungen von Besitz mit sich wandelnden politischen Strukturen und Identitäten in Einklang bringen und wie kann das Verfügen über Materialität mit normativen Ansätzen zu Kulturerbe verbunden werden?
Contribution long abstract:
Die Landschaft Mexikos ist in großen Teilen von architektonischen Überresten und von Artefakten der Vergangenheit geprägt. Diese alte Materialität war und ist oft nicht nur in rituelle Praktiken und Glaubensvorstellungen eingebunden, sondern auch Gegenstand von Verhandlungen über Besitzverhältnissen. Seit einigen Jahren fordert die mexikanische Regierung mit bisher unbekannter Vehemenz die Restitution von Artefakten vor allem aus präkolumbischer Zeit, die unter anderem in Europa und den USA zu hohen Preisen versteigert werden. Im Namen der Nation, und sich selbst als rechtmäßige Vertreter der indigenen Bevölkerung verstehend, wird mit der Restitution auch eine neue Identität proklamiert. Obwohl sie diese allgemeine Politik des Nationalstaates unterstützen, formulieren viele indigene Gruppen eigene Ansprüche auf ihr kulturelles Erbe. Dabei orientieren sich die Identitäten im Maya-Gebiet häufig an den kommunalen Strukturen der Ejidos.
Basierend auf eigenen Feldforschungen in der Chenes-Region, Campeche, werde ich Statusveränderungen entlang politischer Strukturen und der Aushandlung von Identitäten nachzeichnen. Obwohl die Beispiele aus den Feldforschungen besonders Überreste aus präkolumbischer Zeit fokussieren, waren und sind einige von diesen "alten Dingen" relevante gegenwärtige Kulturobjekte in vielen Maya-Gemeinden. Es werden ergänzende ethnografische Beispiele von Zerstörungen herangezogen, anhand derer Eigentumsrechte und ethische Überlegungen diskutiert werden. Unter Berücksichtigung von Überlegungen wie der von Ian Hodder (2010), das Recht auf kulturelles Erbe eher unter den Aspekten von Gerechtigkeit und Wohlergehen als unter den Aspekten von Abstammung und Eigentum zu betrachten, werden normative Positionen zum Besitz und Umgang mit Kulturerbeobjekten ausgelotet.