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- Convenors:
-
Benedikt Jahnke
(University of Kassel)
Daniel Kofahl (APEK Consult)
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- Format:
- Workshop
- Working groups:
- Culinary Anthropology
Short Abstract:
Der Workshop diskutiert Fragen und Formen von Ver- und Entgesellschaftung bei Erzeugung, Verteilung, Zubereitung und Verzehr von Nahrung aus sozial- und kulturanthropologischer Perspektive.
Long Abstract:
Erzeugung, Verteilung, Zubereitung und Verzehr von Nahrung stellen seit jeher alle Formen menschlichen Zusammenlebens vor organisationale Entscheidungsprobleme. Ökonomische und ökologische Fragen spielen eine Rolle, aber auch genuin sozialkulturelle Vorstellungen über Eigentumsverhältnisse, Selbstbestimmung oder Individualität sind zentral und unterscheiden sich nach Referenzrahmen. In Zeiten real existierender Weltgesellschaft werden zudem Abhängigkeitsaspekte sowie transnationale und transkulturelle Wechselwirkungen betrachtet.
Der Workshop diskutiert folgende Themenfelder aus sozial- und kulturanthropologischer Perspektive:
Nahrungsmittelproduktion: Ob die Erzeugung von Nahrungsmitteln als Kollektiv organisiert wird oder eine gesamtgesellschaftlich ausdifferenzierte Aufgabe in Eigenverantwortung handelnder einzelner Berufsgruppen ist, gilt es ebenso zu thematisieren wie die Frage, welche Nahrungsmittel von Kulturen als gesellschaftlich relevant erachtet werden und wie der Zugang zu den Produktionsmitteln (inkl. Saatgut) gestaltet wird.
Lebensmitteldistribution: Im Zeitalter eines Bewusstseins für die Begrenztheit und Ungleichverteilung globaler Ressourcen stellt sich die Frage nach dem Zugang zu Lebensmitteln beziehungsweise deren Verteilung. Sowohl historisch als auch gegenwärtig können hier bspw. autoritäre, demokratische, solche die allein auf monetären Zahlungsmöglichkeiten, als auch solche die auf erteilten Zugangsberechtigungen basierende Verteilungssysteme beobachtet werden.
Speisenzubereitung: Kulinarische Gegenwartsdiskussionen sind geprägt von argumentativen Polarisationen. Einerseits wird der Verlust individueller Kochkompetenz beklagt sowie selbige als alimentäre Allgemeinbildung beschrieben. Andererseits wird die alltägliche alimentäre Reproduktionsarbeit als Belastung empfunden und Formen vergesellschafteter Außer-Haus-Verpflegung als Entlastung sowie Beitrag zum Ressourcenschutz verstanden.
Formen der Mahlzeitenpraxis: Hier eröffnet sich das Spannungsfeld um kulturelles Wissen gemeinsam geteilter Riten, Verständigungen, Abstimmungen und Vergesellschaftung des Individuums beim gemeinsamen Mahl sowie der Entgesellschaftung und Individualisierung durch gewählte oder erzwungene Rückzüge in Formen isolierter Nahrungsaufnahmen.
Accepted contributions:
Contribution short abstract:
Finger Millet or Ragi was a modest and filling staple food in rural South Karnataka before its almost displacement by pricier and auspicious Brahmanic and colonial Rice. Today’s research on its materiality has led to its (re)discovery as ‘Super Food’ within differing culinary trends in Bangalore.
Contribution long abstract:
For more than 2000 years, Finger Millet, Eleusine coracana Gaertn. or “Ragi” in the Kannada language has established itself as a staple food for people living in the Southern parts of today’s South Indian federal state of Karnataka. Usually, Ragi’s brown-reddish grains neither get refined nor polished before they get ground into brown flour from which traditional gruels called Ragi Mudde or flatbreads called Ragi Rotti are prepared as a starchy side dish for the local curries called Saaru or Huli. Throughout history and until today, it has been and is venerated and even deified as an easy and fast-growing nurturer providing long-lasting satiety and physical energy for the daily manual labour on the agricultural fields. This status is reflected in tales and festivals associated with Folk Hinduism in rural areas starkly contrasting with today’s widespread Brahmanic Hinduism since Rice is usually preferred and established as a pricier and auspicious food, especially for the famous Hindu gods. Additionally supported by the British colonial power, Rice as a staple and prestigious food almost replaced the now ill-reputed ‘poorman’s food’ Ragi over time far and foremost in the megacity of Bangalore. Its today’s (re)discovery can mostly be traced back to scientific research on its materiality in the context of the double burden of malnutrition in India making it into a ‘Super Food’ in the shape of new arising differing Ragi-Culinary Trends in the city.
Contribution short abstract:
Ergebnisse von ethnographischer Feldforschung in Deutschland und in den USA zusammen mit Analysen von Rezepten, die untersuchen, wie Rezeptentwickler*innen die Verschwommenheit von Originalität und Diebstahl mit Normen und Regeln navigieren, um über die Autorschaft von Rezepten zu herrschen.
Contribution long abstract:
Wem gehört ein Rezept? Der, die es schreibt? Dem, der es kocht? Der, die es veröffentlicht?
Rezeptentwickler*innen übersetzen vergängliches Lebensmittel in feste Wörter. Sie grübeln über Erinnerungen von vergangenen Geschmäcken, stellen sich neue Würze vor, und kombinieren Rezepte von anderen Entwickler*innen wenn sie ein neues Rezept schreiben. Aber wie neu ist ‘neu’? Welche kreativen Taten erzeugen ein neues Rezept, oder Rezeptautorschaft?
In diesem Vortrag präsentiere ich Ergebnisse von ethnographischer Feldforschung in Deutschland und in den USA zusammen mit textlichen Analysen von Rezepten. Rezeptentwickler*innen navigieren die Verschwommenheit von Originalität und Diebstahl mit Normen und Regeln, die über die Autorschaft von Rezepten herrschen. Der Markt braucht immer frischen Content, und Rezeptentwickler*innen müssen ihre Kund*innen und Leser*innen überzeugen, dass die Rezepte, die sie schreiben, neuartig und verlockend sind, aber sie verstehen ihre eigene Arbeit anders: als kombinieren und wiederkombinieren. Sie freuen sich, wenn eine Kollegin sich inspirieren lässt von ihrer Arbeit, aber direkt stehlen geht gegen den Ehrenkodex. „Der grad zwischen sich inspirieren lassen und klauen, der ist schmal,” sagte mir eine Entwicklerin aus Hamburg. Rezepte, als Inspiration und Ideen, gehören irgendwie allem. Aber gleichzeitig bilden Rezepte wichtiges geistiges Eigentum, als Produkte, die man kaufen und verkaufen kann.
Die Strategien, die Rezeptentwickler*innen anwenden, um neu-genug und gut-genug Rezepte zu verkaufen, ermöglichen einen Lebensunterhalt durch die Verbindung von Essen und Sprache.
Contribution short abstract:
Der Vortrag diskutiert Konzeptualisierungen von Nahrungsmitteln sowie von Nahrungsmittelanbau im urbanen Vanuatu und stellt verbunden damit die Frage, inwiefern bei einer kollaborativen Forschung die Erwartung von Forschungspartner:innen einer Verbesserung ihrer Lebenssituation erfüllt werden kann.
Contribution long abstract:
Im südpazifischen Inselstaat Vanuatu ist das von NGOs verbreitete Ideal einer Kombination von unterschiedlichen Nahrungsmitteln (Gemüse/Obst, stärkehaltige Nahrungsmittel, Fleisch/Fisch) vielen Einwohner:innen bekannt. Dieses Wissen ist verbunden mit ihrem Wunsch, hauptsächlich lokal angebaute Nahrung zu konsumieren. Im Alltag spielt demgegenüber Konsum von Nahrungsmitteln wie importiertem Reis und Dosennahrung eine große Rolle, die Einwohner:innen jedoch als qualitativ minderwertig und gesundheitsschädigend bewerten. Diese Tendenz gilt verstärkt für urbane Regionen Vanuatus, wo in den letzten Jahrzehnten die Bevölkerung stark zunahm und sich die lokale politische Organisation veränderte. Damit verbunden sind Landknappheit und Verteilungskonflikte bei Land für den Nahrungspflanzenanbau, das in der Vergangenheit als Gemeinschaftsgut einer als verwandtschaftsbasiert konzeptualisierten Gruppe bewirtschaftet wurde. Dies wiederum hat Einfluss auf die Ernährung in diesen urbanen Regionen, über die es bisher allerdings kaum Forschungen gibt.
Der Vortrag reflektiert ein aktuelles kollaboratives Forschungsvorhaben, das qualitative Methoden über Wissen, Bewertungen, Vorstellungen und Praktiken im Zusammenhang mit Anbau und Konsum von Nahrungsmitteln mit quantitativen Ergebnissen über Nahrungsmittelkonsum und -anbau in einem Stadtteil der Hauptstadt Vanuatus kombiniert. Ein Anliegen dabei ist es, zusammen mit Forschungspartner:innen Möglichkeiten zur Verbesserung ihrer Lebenssituation zu erarbeiten.
Im Zentrum des Vortrags steht die Diskussion zweier Fragen: Inwieweit wird bei einer Forschung über Ernährung und Anbau von Nahrung unterschiedliche Konzeptualisierungen und ontologische Differenz zwischen verschiedenen Forschungspartner:innen relevant? Wie können zusammen mit den Forschungspartner:innen Forschungsergebnisse so konzeptualisiert werden, dass sie für die Teilnehmenden am Forschungsprozess die Möglichkeit zu einer konstruktiven Auseinandersetzung mit wahrgenommenen Problemen eröffnet, die zu einer vom Projekt angestrebten und den Forschungspartner:innen erwarteten Verbesserung ihrer Lebenssituation führen kann?