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Accepted Contribution:

Verortung und Verstandortung in anthropologischen Sammlungen: Zugänglichmachung 2.0 im Kontext von Restitutionsarbeit und Repatriierungsforschung  
Isabelle Reimann (Humboldt University)

Contribution short abstract:

Dieser Beitrag untersucht Veränderungen im Umgang mit menschlichen Gebeinen in deutschen Institutionen im Kontext von Restitutionsarbeit. Dabei werden Kontinuitäten und die Frage der Dekolonisierung thematisiert.

Contribution long abstract:

Die Zusammenarbeit in der Provenienzforschung und Restitutionsarbeit mit Herkunftsgesellschaften hat zu grundlegenden Veränderungen in Sammlungsinstitutionen geführt: Neue Räume und „angemessene“ Umgangsweisen werden eingeführt, wobei traditionelle disziplinäre und institutionelle Grenzziehungen infrage gestellt werden. Die Positionalitäten von Mitarbeiter_innen stehen zunehmend im Fokus.

In meiner Dissertation untersuche ich diese Veränderungen, frage nach Kontinuitäten, produktiven Durchquerungen und dekolonialen Praktiken. Der Beitrag fasst ein Unterkapitel zusammen, das anhand eines Beispiels die historische, disziplinäre und physische Verortung einer anthropologischen Sammlung behandelt. Mittels figurativer Analyse (Chakkalakal) wird gezeigt, wie durch situative Momente und flexible Beziehungsakte sowohl human remains als Forschungsressourcen als auch das Museum als wissenschaftliche Institution hervorgebracht wurden.

Ich beleuchte die „Zugänglichmachung“ der Sammlung in den 1980er Jahren als Prozesse des „Ethnographisierens“ oder „Anthropologisierens“ (Rassool), die die Grundlage und Verständigungshintergrund für den Umgang mit den Gebeinen im Kontext heutiger Restitutionsforderungen bilden.

Für Angehörige der Herkunftsgesellschaften sind die Vorfahren Teil lebendiger Beziehungsnetzwerke. Die Restitutionsarbeit bringt transnationale Netzwerke, neue soziale Räume und alternative Zugehörigkeitskonzepte hervor, die bestehende Infrastrukturen, standardisierte Abläufe sowie Selbstdefinitionen von Museen und Universitäten herausfordern. Das Umpacken in säurefreie Kisten und Seidenpapier sowie das Herrichten von Räumlichkeiten mit Kerzen und Blumen stellen sichtbare Veränderungen dar und sind von neuem „savoir-faire“ (Althusser) begleitet.

Bei näherer Betrachtung zeigen sich jedoch auch tiefer liegende Kontinuitäten, die ich unter dem Begriff „Zugänglichmachung 2.0“ kritisch reflektieren möchte. Nicht nur die Gebeine werden erneut als "Forschungsobjekte" zugänglich gemacht werden, sondern auch die "Restitutionspraxis" als solche. Dabei wird die Rolle und Grenzziehungen von Wissenschaftlichkeit, Logistik, Museumsarbeit und Forschung erneuert. Werden diese auch dekolonisiert?

Workshop P051
Zum Verhältnis zwischen Museum und Universität: common ground and common future?
  Session 1